Mit großem Interesse verfolgt der NABU Mainz und Umgebung e. V. die öffentliche Diskussion seitens Gegner*innen und Befürworter*innen rund um die städtebauliche Idee eines Biotech-Areals entlang der Saarstraße. Mit Unverständnis hingegen registriert der NABU die gleich zu Beginn der Debatte postulierte Alternativlosigkeit des Standortes an der Saarstraße – Alternativlosigkeit zeugt nicht gerade von einem Gestaltungswillen der Politik.
Von allen Beteiligten wird zugestanden, dass es sich um einen höchst problematischen Standort aus der Sicht des Klimaschutzes und des Artenschutzes handelt. Für uns als größtem Naturschutzverband der Stadt sind hierbei die Artenschutzbelange – die im Übrigen auch justiziabel werden können – von besonderer Bedeutung. Auch wenn die städteklimatischen Veränderungen in einer wichtigen Frischluftschneise für die Innenstadt gerade zu Recht diskutiert werden. Daran ändern auch Adjektive wie ökologisch, zukunftsweisend und nachhaltig nichts.
Leider ist aus den bisher öffentlich zugänglichen Dokumenten nicht ersichtlich, welche Kriterien und Analysen zu eben dieser Wahl des Standorts geführt haben. Dies sollte vollumfänglich kommuniziert und publiziert werden. Hingegen wird im Dokument der städtebaulichen Strategie festgestellt, dass sich Biotechnologieunternehmen auch jetzt schon über die Stadt verteilen. Insofern ist es unangemessen, einer gewissen Dezentralität Weltfremdheit zu unterstellen – es scheint ja bereits jetzt möglich zu sein.
„Es geht ja nicht darum, zukünftige Büros und Labore in Einzelwohnungen über die Stadt zu verteilen, sondern eventuell auf bestehenden Flächen mehrere kleinere Cluster zu realisieren, ohne ein riesiges Areal komplett neu in Anspruch zu nehmen“, so Christian Henkes, Vorsitzender des NABU Mainz und Umgebung.
Denn wenn die Stadt Mainz die Absicht hat, hinsichtlich ihrer zukünftigen Entwicklung auf Biotechnologie zu setzen, dann müssen sich auch bisherige Planungen daran neu ausrichten. Es ist nicht zielführend, alle anderen – zusätzlichen – Planungen ohne jede neue Überlegung weiterzuführen. Der NABU ist deshalb noch nicht davon überzeugt, dass es keine Flächenreserven mehr außerhalb des genannten Standorts geben soll.
So ist der Bebauungsplan für die Gewerbeflächen am Layenhof (Lay 1) immer noch am Beginn seines Verfahrens und kann jederzeit in Richtung eines Schwerpunkts „Biotechnologie“ umgewandelt werden.
„Hier wären schon die ersten 15 Hektar Flächenreserve zeitnah verfügbar, welche bisher für flugzeugaffines Gewerbe und ähnliches bereitgestellt werden sollen. Unseres Erachtens ist ‘flugzeugaffin‘ aber nicht gerade zukunftsweisend“, so Christian Henkes.
Und in gleicher Weise sollte auch über andere Areale und Planungen neu nachgedacht werden. Eben um Alternativen zu entwickeln und diese dann im öffentlichen Diskurs nebeneinander zu stellen. „Alternativen machen Politik aus, nicht Alternativlosigkeit“, so der NABU.
Erhalt des Wäldchens und schnellstmögliche Unterschutzstellung
Der NABU Mainz und Umgebung begrüßt uneingeschränkt den am 10.2.2021 mit großer Mehrheit getroffenen Beschluss des Mainzer Stadtrates hinsichtlich des Wäldchens am Heiligenhaus in Hartenberg/Münchfeld. Der schlussendliche Antragstext ist kurz und knapp, aber eindeutig:
Fast
wichtiger noch als der bereits im Antragstext zum Ausdruck kommende politische Wille, das Biotop als Ganzes zu erhalten, waren die in der Sitzung von allen Parteien und der Verwaltung getätigten
Willensbekundungen.
Denn in diesen wurde einstimmig zum Ausdruck gebracht, dass ein Alternativstandort zu finden ist – und auch gefunden werden wird. Mehrere Standorte sind bereits in der engeren Wahl, so die
Verwaltung. Damit wird der politische Wille klar zum Ausdruck gebracht. Der NABU geht davon aus, dass dies nun handlungsleitend ist:
Der Wald am Heiligenhaus bleibt zu 100% erhalten und wird unter Schutz gestellt.
Eine nicht unerhebliche Rolle bei der Rettung dieses wichtigen Biotops hat sicherlich die vom NABU gestartete Petition gespielt, deren Zwischenergebnis von über 8.200 Unterschriften kurz vor der Sitzung von den NABU-Vertretern Gerhard Schmoch und Christian Henkes an den Oberbürgermeister Michael Ebling übergeben wurde.
In
einer wachsenden Stadt wie Mainz gibt es immer viele Bedarfe, die auf nicht zu vermehrender Fläche zu befriedigen sind. Der „Fall Heiligenhaus“ zeigt nun deutlich, dass in der Abwägung zwischen
diesen Bedarfen (z.B. Wohnen, Gewerbe, Verkehr) der Natur in Gestalt der Grün- und Biotopflächen eine viel höhere Priorität zukommen muss als in der Vergangenheit. Weit über 8.000 Unterschriften
zeigen dies deutlich. Hier gilt es mit allen Akteuren der Stadtgesellschaft in einen in die Zukunft weisenden Diskurs einzutreten.
Anmerkung: Der NABU beendet die Online-Petition noch nicht, um die interessierten Unterstützenden über den weiteren Verlauf (Alternativstandort, Unterschutzstellung) informieren zu
können.
Mehr Informationen und die Petition finden Sie hier.
Über 5.000 Unterschriften und zunehmende Zustimmung bei den Parteien zeigen deutlich - Natur und Kinder sollten beide zu ihrem Recht kommen
Der NABU begrüßt ausdrücklich den Beschluss der SPD-Fraktion im Stadtrat, sich gegen einen Verkauf und gegen eine Versiegelung durch Wohnbebauung des Wäldchens am Heiligenhaus auszusprechen. Dies
stimmt hoffnungsvoll.
Dem NABU ist natürlich völlig bewusst, dass im Stadtteil Hartenberg/Münchfeld auch hinreichende Möglichkeiten der Kinderbetreuung bereitstehen sollten. Es ist eine äußerst unglückliche Situation,
dass sich hier Natur und Kitaplätze gegenüberstehen. Denn auch die geplante große Kita hat einen erheblichen Flächenbedarf und würde das Wäldchen massiv schädigen.
Es muss einfach möglich sein, die berechtigten Bedürfnisse nach Natur und nach einer Kindertagesstätte beide gleichermaßen zu erfüllen - nur halt eben nicht auf der gleichen Fläche, so der
NABU-Vorsitzende Christian Henkes.
Daneben hält der Zuspruch der Mainzer Bürgerinnen und Bürger bei der NABU-Petition zum Erhalt des Wäldchens am Heiligenhaus unvermindert an. Mittlerweile ist die Zahl von 5.000 Unterstützerinnen
und Unterstützer weit überschritten - und das Zählwerk steht nicht still.
Den NABU Mainz und Umgebung erreichen zusätzlich auch viele Zuschriften und Kommentare. Besonders berührend sind dabei die Schilderungen älterer Bürgerinnen und Bürger aus dem Stadtteil, die in
teilweise sehr emotionalen Worten ihre Kindheitserinnerungen in und mit dem Wäldchen beschreiben.
Neben seiner vielfältigen ökologischen Funktionen hat das Wäldchen auch eine hohe emotionale Bedeutung für die Bewohnerinnen und Bewohner. Mainz will seinen Wald behalten - soviel zumindest wird
deutlich.
Wir appellieren nun an die Stadtverwaltung, hier jetzt Kreativität und Einfallsreichtum zu zeigen, um eine zufrieden stellende Lösung zu finden - trotz vergangener Beschlüsse. Es muss
möglich sein, eine bereits versiegelte Fläche wie z.B. die überdimensionierten Parkflächen am Bruchwegstadion oder ein anderes, bereits existierendes Baugrundstück für die Kita
bereitzustellen.